Mater Dolorosa Berlin-Lankwitz

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geschichte:sankt_monikastift

Sankt Monikastift

Chronik

Vorbemerkung

Die folgende Zusammenfassung basiert größtenteils auf der Durchsicht von Briefen des Pfarrarchivs, die das Monikastift betreffen. Der Inhalt dieser zusammengefassten Briefe wird ergänzt durch Informationen aus Pfarrchronik, Vereinsregisterauszügen, Zeitzeugenberichten und verschiedenen anderen Quellen wie Festschriften und weiteren Texten. Der Einfachheit halber wird zum Teil auch schon vor der Namensänderung der Einrichtung in Sankt Monikastift dieser Name verwendet.

Vorgeschichte

Im ausgehenden 19. Jahrhundert entstanden in der unmittelbaren Umgebung von Berlin aus den umliegenden Dörfern große Vororte mit vielen neuen Siedlungen. Besonders in Orten mit Villencharakter wurde viel Personal benötigt, so dass Tausende von jungen Mädchen besonders aus dem katholischen Raum Breslau nach Berlin und Umgebung kamen, um dort als Hausangestellte zu arbeiten. Oft völlig unerfahren und leichtgläubig wurden viele von ihnen ungewollt schwanger, waren plötzlich auf sich alleine gestellt und völlig mittellos. Viele dieser jungen Frauen suchten nun in ihrer Not auch Hilfe bei katholischen Seelsorgern.

Gründung in Friedenau

Deshalb fasste im Jahr 1899 ein katholischer, karitativ engagierter Personenkreis den Entschluss der Errichtung des Wöchnerinnenheims Sankt Monikastift für die Niederkunft und das Wochenbett von unverheirateten, jungen Frauen und deren moralische und sittliche Festigung. Zu den Gründungsmitgliedern gehörte auch die später langjährige Vorstandsvorsitzende des wenig später gegründeten Vereins Gräfin Sophie Fugger-Kirchberg-Weißenhorn. In Briefen und in der Chronik der Heiligen Familie wird auch Pfarrer Maximilian Beyer (seit 1899 Kuratus in Lichterfelde) als Gründungsmitglied genannt, in Vereinsprotokollen und Vereinsregisterauszügen wird er zunächst jedoch nicht aufgeführt. Wahrscheinlich war er ein erst nur im Hintergrund operierender Ideenstifter und Förderer, der den Anstoß für die Gründung einer solchen Einrichtung gab, zumal er erst als Kaplan in der Rosenkranzkirche in Steglitz und dann als zuständiger Seelsorger für Groß-Lichterfelde unmittelbar mit den großen Problemen ungewollt schwanger gewordener Frauen und unehelicher Kinder (auch den Taufregistern von Lichterfelde zu entnehmen) konfrontiert war.

Geistliche Mitglieder des Vereins
Pfarrer Josef Deitmer (zunächst Pfarrer in der Rosenkranzkirche in Steglitz, später Weihbischof vom Bistum Breslau mit Sitz in Berlin)
Pfarrer Diesken (Sankt Matthias in Schöneberg)
Kuratus Dr. Bertram (Sankt Hedwig in Berlin)
Pfarrer Artain (Sankt Sebastian)
Pfarrer Karl Pluhatsch (* 2. Januar 1859, † 6. Februar 1928, Hedwig-Krankenhaus)
Oberprior Pater Bonaventura
Pfarrer Maximilian Beyer
Pfarrer Franz Nafe

Am 18. März 1900 wurde der zunächst private Verein Wöchnerinnenzuflucht zur Heiligen Monika gegründet. Zu der bereits oben erwähnten Vereinsvorsitzenden Gräfin Sophie Fugger-Kirchberg-Weißenhorn zählten als Vereinsmitglieder auch noch Frau Bankdirektor Maria Hessberger (stellvertretende Vorsitzende), Frau Geheime Ober-Regierungsrat Antonie Brandi, Frau Elisabeth Diesfeld, der Fabrikant Reiner Daelen, Herr Geheimer Regierungsrat Dr. Bernhard Wuermeling und der Dominikaner-Prior Pater Raymundus Lentz.

Drei Jahre später, am 24. Mai 1903, erfolgte dann die Gründung des unter dem Protektorat des Prälaten Propst Neubert stehenden, eingetragenen Vereins Wöchnerinnenzuflucht zur Heiligen Monika. Ab diesem Zeitpunkt ist durch Einsicht in das Vereinsregister möglich, weitere Vereinsmitglieder zu ermitteln. Mitglieder, die in den folgenden Jah­ren in weiteren Vereinsregisterauszügen erscheinen, sind in den Tabellen aufgeführt.

Weitere Mitglieder des eingetragenen Vereins
Frau Baronin Margarete Reischach geborene Prinzess Ratibor
Frau Freifrau Fritz von Zedlitz-Leipe
Dr. Alfred Saltzgeber (Sekretär des Caritasverbandes)
Frau Direktor Sarrazin
Franz Graf von Ballestrem-Planiowitz (Reichstagspräsident)
Prinz Franz Arenberg
Frau Professor Hervegig
Prinzessin Elisabeth Radziwill
Prinz Boguslaw Radziwill
Frau Regierungsrat Cordes
Gräfin Frankenberg geborene Prinzess Hohenlohe-Tillowitz
Frau Baurat Niermann
Frau Generalkonsul Rusell
Frau Geheimrat Osterrath
Prinzessin Solms Braunfels
Justizrat Haendly
Frau Hoffmann
Frau Direktor Müller
Frau Sanitätsrat Köllen-Martin
Tischlermeister Rachfall
Frau Professor Johanna Scholz
Herr Witowski
Frau Staatssekretär Mösle
Frau Baumeister Koendgen
Geheimer Ober-Regierungsrat Dr. Franz von Schönebeck

Diese Idee fand also viele Förderer unterschiedlicher gesellschaftlicher Kreise. Anfänglich befand sich das Stift in Berlin-Friedenau in der Sponholzstraße 30.

Der Zweck des Vereins war die Aufnahme und Versorgung unverheirateter, ungewollt schwanger gewordener junger Frauen, Hilfe bei der Entbindung, Wochenbettpflege und Pflege der Kinder, sowie die moralisch und sittlich Festigung der Mütter. Hierbei stand die Fürsorge für Mutter und Kind im Vordergrund, die sich nicht nur auf die Tage rund um die Entbindung und das Wochenbett beschränkte. Personen, die nur eine Aufnahme für wenige Tage wünschten, wurden im allgemeinen abgewiesen. Durch einen längeren Aufenthalt wollte man einen günstigeren moralischen Einfluss auf die jungen Frauen ausüben. Oft brauchten die manchmal stark verwahrlosten und sich in einem gesundheitlich schlechten Zustand befindlichen Frauen zunächst körperliche Pflege und medizinische Hilfe. Nach der Entbindung wurden sie im Stift mit Haus- und Gartenarbeit beschäftigt, hauswirtschaftlich unterwiesen und zur Ordnung und Sauberkeit angehalten. Dadurch gelang es besser, einen guten Einfluss auf die Mädchen auszuüben, in ihnen das Verantwortungsgefühl für das Kind zu stärken und sie vor weiterem sozialen Abstieg zu bewahren. Manche Frauen wurden anschließend in einer sogenannten Erziehungsanstalt untergebracht. Zum Teil konnten die Frauen aber auch nach einer Versöhnung in ihr Elternhaus zurückkehren. Weiterhin gelang es oft, einigen Mädchen geeignete Stellungen zu verschaffen.

Der Verein beauftragte zunächst eine amtliche Pflegerin mit der Leitung des Stiftes.

Umzug nach Lankwitz

Am 1. Oktober 1904 konnte die Wöchnerinnenzuflucht in die Villa Schweitzer in der Frobenstraße 1 in Lankwitz umziehen, die für die Zwecke des Vereins angemietet wurde. Pfarrer Maximilian Beyer, damals noch Kuratus (die Gemeinde Heilige Familie wurde erst 1906 zur Pfarrei ernannt), erhielt vom Kardinal Kopp aus Breslau die Bevollmächtigung, die dortige Hauskapelle am 9. November zu weihen. Fortan konnte zunächst einmal, später zweimal wöchentliche Messe in der dortigen Kapelle für die Zöglinge des Stifts, aber auch für Lankwitzer Katholiken abgehalten werden. In der Hauskapelle und einem danebenbefindlichen Zimmer fanden 80 bis 100 Personen Platz. Erst ab Ostern 1908 konnten auch auf Drängen der 1500 Katholiken in Lankwitz und Lichterfelde-Ost, deren Zahl durch die Erschließung neuer Wohnviertel ständig zunahm, Sonntags- und Festtagsgottesdienste in der Kapelle der Wöchnerinnenzuflucht zur Heiligen Monika stattfinden. Die seelsorgliche Betreuung der Gläubigen übernahmen Pfarrer Beyer und ein Lichterfelder Kaplan.

Im November 1905 verfasste Pfarrer Maximilian Beyer (als Pfarrer der Gemeinde Heilige Familie in Groß-Lichterfelde auch für Lankwitz zuständig) einen Brief an die katholische Bevölkerung (vermutlich nicht nur im Berliner Raum). In diesem informierte er über die Tätigkeit der Wöchnerinnenzuflucht zur Heiligen Monika und wies daraufhin, dass nur 4 Prozent der aufgenommenen Mädchen aus Berlin stammten. Er bat sowohl um Geldspenden für den Verein als auch um Spenden für die Errichtung einer größeren Seelsorgestation für Lankwitz, um dem Bedürfnis der 1500 hier lebenden Katholiken gerecht zu werden. Zunächst dachte er an die Errichtung einer weiteren Notkapelle auf einem recht bald zu erwerbenden Grundstück.

Graue Schulschwestern

Im März 1906 stellte Pfarrer Maximilian Beyer bei Fürstbischof Georg Kardinal von Kopp im Namen des Vereinsvorstandes das Gesuch zur Übernahme der Leitung der Wöchnerinnenzuflucht zur Heiligen Monika durch die Grauen Schwestern von der Heiligen Elisabeth in Breslau. Kurator der Grauen Schwestern war zu dieser Zeit der Ehrendomherr und spätere Weihbischof Karl Augustin, der 1912 auch die Kirche Mater Dolorosa in Lankwitz weihte. Die Verhandlungen zur Übernahme der Leitung des Wöchnerinnenheims wurden mit der Generaloberin Melchiora Klammt (im Mutterhaus in Breslau) geführt. Um den Vereinszweck der moralischen und sittlichen Festigung der Zöglinge besser erfüllen zu können, hielt der Verein es für geeigneter, das bisher weltlich geleitete Stift nunmehr einer geistlichen Leitung zu übergeben, um so die Mädchen auch religiös-erzieherisch beeinflussen zu können. Der Verein schloss mit der Kongregation einen umfangreichen Vertrag.

Wegen dieser Änderung war es notwendig geworden, die bisherige Pflegerin und Leiterin Fräulein Hedwig Nickel zu entlassen. Diese rächte sich offensichtlich teils mit anonymen aber auch mit öffentlichen Denunziationen an der verbliebenen Hebamme, an den Grauen Schwestern und an dem Verein, der über viele Jahre hinweg immer wieder mit diesen Verleumdungen zu tun hatte. Die erste anonyme Denunziation bezüglich einer angeblich fehlerhaften Behandlung und Pflege von Mädchen sowie schlechter Anstaltszustände erging an den Regierungspräsidenten im August 1906 und wurde als ein erwiesener Racheakt der oben genannten Pflegerin schnell für erledigt erachtet.

Konventsoberinnen der Grauen Schwestern Zeitraum
Augustina Lingnau 1906 bis 1916
Hygina Guhn 1916 bis 1921
Sebalda Wohl 1921 bis 1924

Im Oktober 1906 übernahmen die Grauen Schwestern von der Heiligen Elisabeth zu Breslau mit der Konventsoberin Augustina Lingnau (bis 1916 Konventsoberin) offiziell die Leitung der Wöchnerinnenzuflucht zur Heiligen Monika in Lankwitz. Erst im Dezember 1906 teilte das Breslauer Ordinariat die römische Bestätigung der Errichtung der Berliner Provinz der Grauen Schwestern mit, die neben der Arbeit in Lankwitz noch in vielen anderen Einrichtungen in Berlin tätig waren.

Eine Hebamme und eine Wochenpflegerin unterstützten die Tätigkeit von zunächst zwei Grauen Schwestern, denen die innere Verwaltung, Aufnahmen und Entlassungen, der Einkauf, der Haushalt und die Beschäftigung der Pfleglinge oblag.

Seelsorglich betreut wurde das Wöchnerinnenheim durch den Kuratus, seit 1906 Pfarrer Maximilian Beyer, der wie auch Kapläne der Gemeinde Heilige Familie regelmäßige Wochentagsgottesdienste Gottesdienste für die Schwestern, Insassinnen und Mitglieder der Lankwitzer Kirchengemeinde in der Kapelle abhielt. Ab 1908 wurden an Sonn- und Festtagen drei vormittägliche Gottesdienste für die Lankwitzer Katholiken angeboten, deren Zahl für Lankwitz und Lichterfelde-Ost zusammen bei ungefähr 1500 Seelen lag. Bis 1913 blieb Kuratus Beyer auch Beichtvater der Elisabethschwestern. Auch dem protestantischen Pfarrer wurde zu seelsorglichen Zwecken Zutritt in die Wöchnerinnenzuflucht zur Heiligen Monika ermöglicht.

Ein niedergelassener Arzt wurde mit Arbeiten und regelmäßigen Visiten im Stift betraut. Für den Unterhalt und die Verwaltung des Stiftes war weiterhin der Verein zuständig. Die Schwestern erhielten freie Unterkunft und Verpflegung sowie ein vierteljährliches Kleidergeld von 150 Mark. Die Ordenstracht der Schwestern bestand zu dieser Zeit aus einem grauen Ordenskleid, das bei Operationen mit einer nach hinten geschlossenen, weißen Schürze geschützt wurde. Die Häubchen hatten Tüllrüschen; erst im September 1924 wurde bei den Grauen Schwestern eine einfache weiße Haube als Ordenstracht eingeführt.

Bereits im November 1906 begann Pfarrer Maximilian Beyer erneut Bittbriefe zu schreiben. Der Mietvertrag für die Räume in der Frobenstraße lief im Jahr 1907 aus und er beabsichtigte, möglichst bald ein Grundstück zu erwerben, um dort eine Notkirche für über 2000 Katholiken in diesem Seelsorgegebiet und als Fernziel auch einen Neubau für die Wöchnerinnenzuflucht zu errichten. Zu diesem Zeitpunkt hatte Pfarrer Beyer vor, die geplante Kirche der Heiligen Monika zu weihen.

Im März 1907 gab es erneut Differenzen zwischen der ehemaligen amtlichen Leiterin Hedwig Nickel und der Oberin Augustina Lingnau. Ein kurz vor der Niederkunft stehendes Mädchen hatte sich an die ehemalige Leiterin Nickel gewandt, die daraufhin persönlich um Aufnahme des Mädchens im Lankwitzer Wöchnerinnenheim bat. Mit den Worten der Oberin, dass alle Betten belegt seien und dass es sich nicht um eine Entbindungsanstalt, sondern um eine Besserungsanstalt handle, wurde das Mädchen abgewiesen und kam noch in der folgenden Nacht mit Hilfe der auch im Stift tätigen Hebamme bei einer Privatperson nieder. Fräulein Nickel warf der Oberin nun vor, sie hätte das Mädchen nur wegen persönlicher Streitigkeiten abgewiesen, die sie selbst betrafen. In verschiedenen Zeitungen erschienen Artikel, die die Wöchnerinnenzuflucht zur Heiligen Monika nun in ein sehr schlechtes Licht rückten. Da inzwischen auch verheiratete Frauen dort entbinden konnten, erschien die Äußerung der Oberin „es handle sich um eine Besserungsanstalt“ sehr anmaßend. Der Fall beschäftigte auch den Kardinal und Fürstbischof Georg Kardinal von Kopp in Breslau, der den Ehrendomherr Karl Augustin mit der Überprüfung der Angelegenheit beauftragte. Leider existieren hierzu keine klärenden Briefwechsel mehr. Im Juli 1907 beabsichtigte der Vorstand des Vereins, ein in Groß-Lichterfelde gelegenes Grundstück zur Errichtung eines Neubaus für der Wöchnerinneneinrichtung zu erwerben. Dieses befand sich angrenzend an das Johanniterstift in der Nähe des heutigen Augustaplatzes an der verlängerten Augustastraße in einem infrastrukturell noch kaum erschlossenen Teil Lichterfeldes. Wahrscheinlich wurde man sich aufgrund des für den Verein zu hohen Kaufpreises von 165 Mark pro Quadrat-Rute (= 14,2 m²) des 400 Quadrat-Ruten (= 5680 m²) großen Grundstücks nicht handelseinig. Die Preisvorstellungen von Seiten des Vereins lagen bei 120 Mark pro Quadrat-Rute.

Im Februar 1908 gab es erneut Ärger mit Fräulein Hedwig Nickel, diesmal war der Brief an Pfarrer Maximilian Beyer gerichtet. Sie behauptete, dass die Elisabethschwestern öffentlich gesagt hätten, dass sie in ihrer damaligen Funktion als Wöchnerinnenheimleiterin Gelder unterschlagen habe und die Pflege der Mütter und ihrer Kinder vernachlässigt habe. Darüberhinaus berichtete sie, dass reiche Herren und sogar Geistliche den Schwestern nachstellen würden, um sie zu verführen. Sie wollte die Generaloberin in Breslau davon in Kenntnis setzen und Anzeige wegen Beleidigung und Rufschädigung erstatten. Auch 1910 wandte sich Fräulein Nickel erneut mit Drohungen an Pfarrer Beyer, der dafür sorgen sollte, binnen drei Jahren ihren guten Ruf öffentlich wiederherzustellen. Solange dies nicht geschehe, würden weder sie noch ihre (offenbar uneheliche) Tochter eine Kirche betreten bzw. am Religionsunterricht teilnehmen. Wahrscheinlich wurde diesen Drohbriefen nicht weiter nachgegangen, da die Frau vermutlich eine notorische Querulantin war.

Im März 1908 wurde der Verein schließlich als milde Stiftung durch den Polizeipräsidenten im Namen der Finanz-, Justiz- und Innenminister anerkannt. Im April 1908 erging von der Vorstandvorsitzenden des Vereins Gräfin Sophie Fugger-Kirchberg-Weißenhorn ein herzlicher Dank an Pfarrer Maximilian Beyer, der durch seine ständigen Bitt- und Bettelbriefe die Finanzlage des Vereins beträchtlich verbessert hatte.

Aus einem Brief vom Jahr 1911 geht hervor, dass Pfarrer Beyer im Vereinsvorstand tatkräftig mitgewirkt hat und gebeten wurde auch nach seinem Ausscheiden als Seelsorger für Lankwitz (Kuratus Franz Nafe übernahm am Palmsonntag (9. April) 1911 das Amt des Seelsorgers für Lankwitz) seine Kraft dem Verein zur Verfügung zu stellen. Wann genau Pfarrer Beyer in den Verein eingetreten ist, konnte nicht ermittelt werden. Zunächst blieb er dem Verein noch einige Jahre auch weiterhin als Vorstandsmitglied erhalten.

Mater Dolorosa

Im Mai 1911 bot ein Herr Bartelt, Gemeindemitglied aus der Frobenstraße und Mitglied der Schuldungsstation in Lankwitz, Pfarrer Maximilian Beyer ein bereits bebautes Grundstück in der Amalienstraße 12 zur Nutzung als Wöchnerinnenzuflucht zum Kauf an. Spätere Briefe sind dann an Kuratus Franz Nafe gerichtet. Die Grundstücksgröße betrug 110 Quadrat-Ruten (ungefähr 1560 m²), der Kaufpreis belief sich auf 70,55 Mark pro Quadratmeter (insgesamt 110000 Mark). Weiterhin sagte Herr Bartelt zu, einige Renovierungsarbeiten auf eigene Kosten zu übernehmen. Da die Gebäude aber nicht den behördlichen Anforderungen eines Wöchnerinnen- und Säuglingsheims entsprachen, lehnte der Vereinsvorstand diese Offerte ab. Wahrscheinlich geschah die Ablehnung auch deshalb, weil beabsichtigt wurde, den Neubau einer katholischen Kirche für Lankwitz und die Errichtung eines Wöchnerinnenheims in unmittelbarer Nähe zueinander zu verwirklichen. Schon im September 1910 war vom Kirchenvorstand der Gemeinde Heilige Familie ein Vertrag über den Bau der Kirche Mater Dolorosa mit den Architekten Professor Christoph Hehl und seinem Schüler Carl Kühn abgeschlossen worden war. Die beiden waren für den Kirchbau eine Assoziation eingegangen; Professor Hehl starb jedoch noch vor der Grundsteinlegung im Juni 1911. Das Grundstück zur Errichtung der Kirche an der Kurfürstenstraße Ecke Straße 41 (spätere Nostizstraße und heutige Kiesstraße) war bereits im Jahr 1908 erworben worden. Um beide Vorhaben, nämlich den Bau der Kirche und einen Neubau des Sankt Monikastifts, räumlich und zeitnah zu verbinden, sollte später noch ein angrenzendes Grundstück dazu gekauft werden.

Wie bereits erwähnt hatte Pfarrer Beyer zunächst vor, die geplante Kirche der Heiligen Monika zu weihen. Gesundheitlich durch die erheblichen finanziellen Schwierigkeiten und durch vielerlei Anfeindungen bezüglich des angeblich „zu fürstlichen Baus“ schwer mitgenommen sah er allerdings davon ab und ließ die Kirche schließlich der Mater Dolorosa weihen, da er für die Umsetzung des Vorhabens gelitten habe wie eine Mater Dolorosa.

Im Jahr 1912 konnte schließlich das Grundstück Nostizstraße 1 (heute Kiesstraße) zum Bau eines Neubaus der Wöchnerinnenzuflucht zur Heiligen Monika direkt neben der noch im Bau befindlichen Kirche Mater Dolorosa erworben werden, die am 22. September 1912 konsekriert wurde.

Monikastift unf Kirche Mater Dolorosa

Im darauffolgenden Jahr konnte auf diesem Nachbargrundstück durch den Bauherrn Pfarrer Maximilian Beyer, der erneut den Architekten Carl Kühn beauftragt hatte, der Neubau des Wöchnerinnen- und Säuglingsheims errichtet werden. Die dortige Kapelle wurde am 1. Oktober 1913 konsekriert.

Seit Januar 1913 war Kuratus Franz Nafe Beichtvater der Grauen Schwestern. Allerdings wurde im Jahr 1922 erneut Pfarrer Beyer für drei Jahre als Beichtvater ernannt. Die Gründe hierfür sind unbekannt.

Im August 1913 wurde die Fürstbischöfliche Genehmigung zur Aufbewahrung des Allerheiligsten, zur Errichtung eines Tabernakels und eines Ewigen Lichtes in der Stiftskapelle erteilt.

Pfarrer Beyer sorgte sich auch weiterhin um das Wohl von Verein und Stift. Nach den finanziellen Belastungen durch die Errichtung des Neubaus wurde ein Fehlbetrag von rund 2250 Mark im Jahresabschluss des Vereins von 1913 von ihm persönlich gedeckt. Außerdem sollten neue Vereinsmitglieder geworben und ausstehende Mitgliedsbeiträge eingezogen werden.

Eine Restbauschuld von 17500 Mark für den Architekten Carl Kühn wurde als Hypothek eingetragen.

Nach Häufung von Beschwerden über das zu schroffe, strenge und kontrollierende Auftreten der Konventsoberin Schwester Augustina Lingnau verlangte Pfarrer Maximilian Beyer im Oktober 1914 vom Mutterhaus die Abberufung derselben. Dies wurde vom Mutterhaus der Grauen Schwestern in Breslau abschlägig beschieden. Es erfolgte aber eine nachdrückliche Ermahnung der Schwester Oberin zu mehr Sorgfalt, Sanftmut und Demut. Die Generaloberin in Breslau Lamberta Fleischer empfahl Pfarrer Beyer und Kuratus Nafe, die Konventsoberin bei Fehlverhalten persönlich anzusprechen und zu maßregeln. Darüberhinaus war es der Generaloberin durch den inzwischen eingetretenen Krieg nicht möglich, einen geeigneten Ersatz für die Leitung des Stifts zu finden, da viele hundert Schwestern für die Arbeit in Militärlazaretten gebraucht und verlangt wurden.

Im Jahr 1919 beschloss der Vereinsvorstand den Kauf des angrenzenden Ziehlke'schen Grundstücks für 12000 Mark. In diesem Jahr wurde der Verein kooperatives Mitglied im Deutschen Zentralverein für Wöchnerinnen- und Säuglingsschutz. Ein Fehlbetrag des Jahresabschlusses 1918 von gut 10000 Mark konnte durch eine vom Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg genehmigte Lotterie getilgt werden.

Der ursprüngliche Charakter des Sankt Monikastifts einer reinen Wöchnerinnenzuflucht hatte sich im Laufe der Jahre etwas geändert. Wie bereits erwähnt konnten nun auch verheiratete Frauen zur Entbindung aufgenommen werden. Desweiteren war es erholungsbedürftigen Frauen und Müttern möglich, sich unter ärztlicher Aufsicht und guter Pflege zu regenerieren. Auch war dem Stift eine Schwesternschaft für ambulante Krankenpflege angegliedert worden.

Am 1. Oktober 1920 erfolgte die Eingemeindung von Lankwitz zu Groß-Berlin, und Mater Dolorosa wurde am 21. Mai 1921 eine eigenständige Pfarrei. Erst in diesem Jahr legte Pfarrer Beyer seine Vorstandsarbeit im Verein nieder, blieb dem Verein aber als Mitglied erhalten. Neu in den Vorstand wurde nun Pfarrer Franz Nafe gewählt. Wie schon seit über 20 Jahren stand die Gräfin Sophie Fugger-Kirchberg-Weißenhorn dem Verein weiterhin als Vorstandsvorsitzende zur Verfügung.

Obwohl bereits vor zwei Jahren beschlossen, war das angrenzende Ziehlke'schen Grundstück immer noch nicht gekauft worden. Die aus einer Lotterie stammenden Einnahmen von 60000 Mark sollten für den Erwerb desselben verwandt werden.

Im Oktober des Jahres 1922 drängten die Grauen Schwestern auf einen Neuabschluss des Vertrages mit dem Mutterhaus der Grauen Schwestern in Breslau. Nach Rücksprache mit dem Protektor der Grauen Schwestern, Herrn Prälat Steinmann, wurde dem Verein durch das Mutterhaus mitgeteilt, dass die Kongregation ihre Grauen Schwestern im Sankt Monikastift belassen würde, wenn das Grundstück des Stiftes mit allen Gebäuden und der Inneneinrichtung dem Mutterhaus in Breslau übereignet würde. Dieser Eigentumsübergang sollte jedoch keineswegs mit einer fingierten, eingetragenen Hypothek des Vereins geschehen, mit welcher dieser sein Kapital sichern wollte. Ferner sollten die Schwestern unabhängig von der wirtschaftlichen Lage ein festes monatliches Gehalt von 300 Mark rückwirkend zum 1. Oktober 1922 erhalten. Sollte der Gehalts­forderung nicht nachgekommen werden, würden die Schwestern zum 1. April 1923 das Stift verlassen. Außerdem sollte auch die Erhaltung des ursprünglichen Zwecks der Wöchnerinnenzuflucht zur Heiligen Monika nicht grundbuchlich eingetragen, sondern nur mündlich zugesagt werden. Die vorgesehene Eigentumsübertragung sollte schon zum 1. Januar 1923 erfolgen.

Das Verhältnis zwischen dem Vereinsvorstand und den Grauen Schwestern war sehr angespannt, die Übernahmeverhandlungen scheiterten. Dennoch blieben die Schwestern noch bis zum Jahr 1924.

Im Dezember 1922 wurde dem Vereinsvorstand durch Pater Wolff vom Caritasverband mitgeteilt, dass das Sankt Monikastift Zuwendungen von 300000 Mark erhalten hatte, deren Verwendung er nun festzustellen habe. Von diesen Spenden hatte der Vereinsvorstand keinerlei Kenntnis und machte der seit 1921 ernannten Konventsoberin des Sankt Monikastifts Schwester Sebalda Wohl nun Vorwürfe, dass sie bei derartigen Zuwendungen, die nicht im Rahmen der ordentlichen Einnahmen zu erkennen seien, den Vorstand zu unterrichten habe. Die Oberin hatte daraufhin die Spender sowie die Verwendung der Gelder Pfarrer Nafe offenzulegen.

Die Oberin hatte von der Horst-Hilfe 250000 Mark erhalten, die sie unentgeltliche Verpflegung bedürftiger Mütter und Mädchen verwandte. Weiterhin erhielt sie auf eine persönliche Bitte an den Breslauer Weihbischof Valentin Wojciech eine Spende von 50000 Mark von einem amerikanischen Geschäftsmann, die ausschließlich als ihre persönliche Wirtschaftshilfe einge­gangen sei.

Wegen der anhaltend schlechten finanziellen Lage des Sankt Monikastifts hatte die Konventsoberin Schwester Sebalda Wohl sogar Papst Pius XI. um finanzielle Unterstützung gebeten und erhielt die für damalige Verhältnisse sehr hohe Summe von 5000 Lire (umgerechnet 2,5 Millionen Mark). Im März des Jahres 1923 bat die Generaloberin der Grauen Schwestern in Breslau Mercedes Rother (sie hatte 1920 ihre Vorgängerin Schwester Lamberta Fleischer wegen ihres hohen Alters abgelöst) Papst Pius XI. in einer Privataudienz, die Kongregation der Grauen Schwestern dem Franziskanerorden zu aggregieren. Bereits im Oktober 1923 bestätigte der Generalminister der Franziskaner Juan Antonio de San Juan en Persiceto den Vollzug der Aggregation der Grauen Schwestern.

Zum 1. April 1924 kündigte das Mutterhaus der Grauen Schwestern in Breslau den Vertrag mit dem Verein, so dass Pfarrer Franz Nafe im Februar 1924 die Mutterhäuser mehrerer Kongregationen kontaktierte (zum Beispiel Liobaschwestern, Franziskanerinnen, Dominikanerinnen, Missionsschwestern der Heiligen Herzen Jesu) und um Fortführung der Arbeit im Sankt Monikastift durch Ordenschwestern bat. Leider erhielt er von den aufgeführten Kongregationen wegen Schwesternmangels nur abschlägige Antworten.

Noch im März 1924 wies Pfarrer Maximilian Beyer die Grauen Schwestern darauf hin, dass die Ausstattung des Sankt Monikastiftes Eigentum des Vereins sei. Trotzdem nahmen die Grauen Schwestern viele Inventarstücke aus dem Besitz des Vereins mit. Entgegen der Weisung der Geschäftsleitung des Vereins wurde das Sankt Monikastift beim Weggang der Grauen Schwestern ohne Patientinnen übergeben, was zu erheblichen finanziellen Einbußen führte, so dass Pfarrer Nafe gezwungen war, den Caritasverband um Hilfe zu ersuchen und Artikel in Zeitungen zu veröffentlichen und für das Sankt Monikastift zu werben.

Fides-Schwestern

Glücklicherweise konnten für eine Fortführung der Stiftstätigkeit zum 1. April 1924 die Fides-Schwestern aus Breslau (wahrscheinlich Veronikaschwestern aus dem Fidesheim in Breslau) gewonnen werden. Die im Breslauer Fidesheim seit dem 1. Oktober 1920 als Oberin tätige Lucia Hoffmann wurde Oberin des Sankt Monikastiftes. Die Schwestern wurden von einer weltlichen Hebamme unterstützt.

Ende des Jahres 1924 nahm der Verein über Pfarrer Maximilian Beyer Kontakt zu der Caritativen Vereinigung der Vinzentinerinnen zwecks Übernahme des Stiftes auf. Im Februar 1925 teilten die Vinzentinerinnen Pfarrer Franz Nafe mit, dass eine Übernahme des Sankt Monikastiftes nur unter der Bedingung in Frage käme, dass der Vereinsvorstand vollständig aus Vinzentinerinnen gebildet würde.

Zu dieser Zeit zählte der Verein 15 Mitglieder. Pfarrer Nafe war inzwischen aus dem Vorstand ausgetreten und schien dem derzeitigen Vorstand nicht sehr gewogen. Recht bald wurden jetzt auch Schwestern von den Vinzentinerinnen in den Vorstand gewählt, obwohl es noch zu keiner Einigung für die Übernahme des Stiftes zwischen Verein und den Vinzentinerinnen gekommen war. Eigentümer des Stifts war nach wie vor der Verein und nicht die Vinzentinerinnen.

Im Sommer 1925 kam es zwischen der Oberin Lucia Hoffmann und dem Anstaltsarzt Dr. Staudacher zu erheblichen Differenzen bezüglich der Behandlung von Patientinnen. Überstürzt verließ die Oberin für einige Tage das Stift und erklärte sich schriftlich Pfarrer Nafe. Sie warf dem Arzt vor, bei schwierigen Geburten keinen Facharzt hinzugezogen zu haben und damit das Wohl der Frauen gefährdet zu haben, dass er sich wie ein Chefarzt aufführe und die Hebamme Schwester Elisabeth Hellmes beleidigt habe. Als sie ihn direkt darauf ansprach und ihm mitteilte, dass sie das Stift schützen müsse, sei Dr. Staudacher gleich zu Pfarrer Beyer und Herrn Dr. Schönebeck gelaufen, um sich Unterstützung zu holen. Nach ihrer Rückkehr ins Stift verließen zwei andere Schwestern das Stift, weil sie der Oberin und der Hebamme vorwarfen, sie andauernd zu schikanieren und das Stift „Andersgläubigen“ zuzuspielen, indem sie einen anderen Arzt zu Rate gezogen haben, der wie Schwester Elisabeth der christlich dissidenten Kirche angehöre.

Wegen dieser Angelegenheit kündigte der Vereinsvorstand mit sofortiger Wirkung noch im Juli der Hebamme und der Schwester Lucia Hoffmann ihre Stelle als Oberin des Sankt Monikastifts zum 1. Oktober 1925 mit sofortiger Enthebung von ihren Dienstverpflichtungen.

Diese Kündigung empfand die Oberin als ungerechtfertigt und sie warf Pfarrer Nafe vor, er hätte stets Partei für Dr. Staudacher und die beiden anderen Schwestern ergriffen, ohne die Zustände im Stift geprüft zu haben. Weiterhin unterstellte sie dem Arzt, einen moralisch schlechten Einfluss auf die Schwestern auszuüben, indem er sündhafte Verhältnisse mit ihnen unterhalte.

Parallel zu diesen Streitigkeiten liefen im Juli 1925 ernsthafte Verhandlungen mit den Vinzentinerinnen aus dem Vinzenzkrankenhaus in Lichterfelde.

Im Oktober 1925 schied die langjährige Vorstandsvorsitzende Gräfin Sophie Fugger in Kirchberg und zu Weißenhorn aus dem Vereinsvorstand aus. Sie starb am 18. September 1949 als eine der größten Förderinnen der Wöchnerinnenzuflucht zur Heiligen Monika in Berlin.

Vinzentinerinnen

Als neue Vorsitzende wurde Schwester Alfonsa (Johanna Reis), Provinzialoberin der Vinzentinerinnen, als ihre Stellvertreterin Schwester Iphygenia (Johanna Kronibus) und als Schriftführerin Schwester Porphyria (Ottilie Beier) gewählt.

Vinzentinerinnen der Anfangszeit

Zum 1. Dezember 1925 übernahmen die Vinzentinerinnen (Genossenschaft der Töchter der christlichen Liebe vom Heiligen Vinzenz von Paul) das Sankt Monikastift. Das Mutterhaus Sankt Vinzenzhaus befand sich wie noch heute in Köln-Nippes. Anfangs arbeitete eine Schwester aus dem Vinzentinerinnen-Krankenhaus in Lichterfelde nur tagsüber im Sankt Monikastift. Sonst unterstützten diese nur weltliche Schwesternschülerinnen und eine protestantische Hebamme. Nach und nach zogen sich die langjährigen Vereinsmitglieder zurück. Notariell lief das Sankt Monikastift weiter unter seinem Vereinsnamen, ging aber mehr und mehr in die Genossenschaft der Vinzentinerinnen über.

Fronleichnam mit Vinzentinerinnen 1926

1928 und 1930 wurden weitere benachbarte Grundstücke erworben.

Im Dezember 1931 wurde Domkapitular Monsignore Bernhard Lichtenberg von Bischof Christian Schreiber mit der Visitation der weiblichen Ordensgemeinschaften im Bistum betraut. Eine Visitation des Sankt Monikastiftes wurde im Dezember 1933 vorgenommen und führte offenbar nicht zu wesentlichen Beanstandungen.

Nun folgen einige Zeitzeugenkommentare und Schilderungen aus der Pfarrchronik der 1920er und 1930er-Jahre:

Laut Pfarrchronik und Zeitzeugenbefragungen war die Gemeinde Mater Dolorosa den Schwestern des Sankt Monikastiftes stets sehr dankbar, dass sie den sogenannten „Schreipalast“, eine verglaste Laube des Stiftes, die wegen des häufigen Kindergeschreis so bezeichnet wurde, zu Vereinszwecken mitbenutzen durfte. Besonders profitierte von diesem Angebot die Jugendarbeit.

Vor der Errichtung eines Gemeindehauses an der Kiesstraße auf dem Pachtland des Stiftes durften Gemeindemitglieder auf dem Gelände eigene Gärten zum Obst- und Gemüseanbau anlegen, um dadurch bei allgemeiner schlechter wirtschaftlicher Lage ihre Familien zu unterstützen.

Ein richtiges Gemeindehaus konnte erst im Juni 1938 für die Gemeinde Mater Dolorosa fertiggestellt werden.

Bei den Ministranten waren die Werktags-Frühmessen um 6 Uhr im Sankt Monikastift sehr beliebt, da sie anschließend mit einem reichhaltigen Frühstück belohnt wurden, was in den Jahren des zweiten Weltkrieges besonders zu schätzen war.

Eine Zeitzeugin berichtet, dass die im Sankt Monikastift aufgenommenen Mädchen bei Besuch der Pfarrkirche in ihren blau-weißgestreiften Röcken und Jacken mit ihren dicken Baby-Bäuchen immer ganz hinten links sitzen mussten und empfand dies als entwürdigend. Die Vinzentinerinnen saßen in der Pfarrkirche stets in den ersten Bankreihen auf der rechten Seite und versperrten mit ihren riesigen, weitausladenden weißen Flügelhauben die Sicht auf den Altar.

Am 21. Oktober 1937 starb einer der ersten Förderer des Monikastiftes, Pfarrer Maximilian Beyer, im Sankt-Joseph-Krankenhaus in Berlin. Nur wenige Monate später, am 5. Mai 1938 wurde der heutige Pfarrer der Gemeinde Mater Dolorosa, Michael Schlede, im Sankt Monikastift geboren. Pfarrer Franz Nafe war zu dieser Zeit schon recht krank, so dass am 1. Oktober 1939 auf Wunsch von Konrad Kardinal von Preysing der Theologe und Priester Dr. Johannes Pinsk die Nachfolge von Pfarrer Nafe in der katholischen Pfarrgemeinde Mater Dolorosa antrat.

Fronleichnam mit Vinzentinerinnen 1942

Während des verheerenden Bombenangriffes im August 1943 wurde wie auch die Pfarrkirche Mater Dolorosa das Sankt Monikastift durch Brandbomben stark beschädigt. Erst 1950 konnte mit dem Wiederaufbau des Hauptgebäudes des Sankt Monikastiftes begonnen werden, gleichzeitig wurde das oberste Stockwerk ausgebaut. Schon drei Jahre zuvor (1947) war das Entbindungsheim um eine Ambulanz und eine gynäkologisch-chirurgische Abteilung erweitert worden.

Erst viele Jahre nach Ende der Nazidiktatur wurde bekannt, dass die Vinzentinerinnen während des Krieges einem französischen Zwangsarbeiter im Sankt Monikastift Unterschlupf geboten hatten.

Im April 1954 beantragte die Vinzentinerin Schwester Gertrud Brettmann beim Amtsgericht Charlottenburg die Bestellung zum Notvorstand, da seit 1943 keine Vorstandswahlen stattgefunden hatten. Daraufhin löste die Provinzoberin Schwester Lucina (Emma von Gebsattel) im Mai 1954 die Vereinsvorsitzende Schwester Gertrud Brettmann ab.

Im Februar 1960 kündigte die Konventsoberin Schwester Juliana Wasser der Pfarrei Mater Dolorosa zum 31. März 1960 ein Pachtgrundstück. Im Juli 1961 erfolgte die Umbenennung des Vereins von Wöchnerinnenzuflucht zur Heiligen Monika in Sankt Monikastift e.V. In diesem Jahr unterhielt der Verein nunmehr ein Entbindungs­heim und eine Frauenklinik, war für die Betreuung von Kleinkindern und deren unverheirateten Müttern zuständig und unterstützte die Mütter bei der Unterbringung ihrer Kinder und bei der Arbeitsplatzsuche.

Am 10. Juli 1963 wurde die Feier des 50-jährigen Bestehens des Sankt Monikastiftes in der Kiesstraße 45 begangen, wobei hier allerdings nur das 50-jährige Bestehen des Neubaus in der Kiesstraße gefeiert wurde.

Die Verbindung der Vinzentinerinnen zur Pfarrgemeinde war immer recht eng. Selbstverständlich wurde für die Fronleichnamsprozession auf dem Gelände des Sankt Monikastiftes ein Altar geschmückt. Die Schwestern übernahmen bei den Wochentags-Gottesdiensten in der Pfarrkirche Lesungen und Fürbitten.

Kindertagesstätte

Vinzentinerinnen mit Neugeborenen

Am 1. Juni 1966 eröffnete das Sankt Monikastift e.V. die Kindertagesstätte Sankt Monika. Wenige Wochen später wurde die ursprüngliche Gründung von 1925 geschlossen und gleichzeitig das Säuglings- und Kinderheim Sankt Monika eröffnet. Im April 1968 erfolgte noch die Eröffnung eines Altenheimes, das später in Seniorinnenheim umbenannt wurde, was im Dezember 1997 geschlossen wurde. Das Entbindungsheim und die Frauenklinik mussten 1966 auch aus dem Grund schließen, dass die Behörden die ständige Anwesenheit eines Arztes vorschrieben, dessen Finanzierung die Vinzentinerinnen nicht aufbrachten.

Die Aufrechterhaltung der Einrichtungen von Seniorinnenheim, Kindertagesstätte und Kinderheim wurde in den Folgejahren auch wegen des hohen Alters der verbliebenen Vinzentinerinnen immer schwerer, so dass der Verein zunehmend auf externe Hilfe angewiesen war. So wurde die Kindertagesstätte zum 1. Januar 2002 in die Trägerschaft des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin e.V. übertragen.

Die vier letzten Vinzentinerinnen in Lankwitz

Im April 2003 beschloss der Verein, inzwischen nur noch aus den Mitgliedern Schwester Donatilla Lorenz, Schwester Henrika Müller und Schwester Angela bestehend, einstimmig dessen Auflösung. Der Rat der Deutschen Provinz der Vinzentinerinnen stimmte diesem Beschluss sofort zu. Im September des Jahres erfolgte schließlich der Rückzug der Vinzentinerinnen zum Altersruhesitz nach Bonn - Bad Godesberg. Die Auflösung des Vereins wurde im Januar 2004 amtlich verfügt. Erst im September 2005 wurde die Liquidation beendet und der Verein endgültig aufgelöst. Das Vereinsvermögen wurde in die Caritative Vereinigung Köln e.V. überführt. Der Caritasverband schloss das Kinderheim Sankt Monika am 30. Juni 2006.

Heutige Nutzung (Nachtrag)

Hauptgebäude des ehemaligen Monikastiftes 2010

Auf dem Grundstück in der Kiesstraße befindet sich heute noch die Kindertagesstätte Sankt Monika. Das Haupthaus des Monikastiftes wurde vom privaten Bauträger Rheinwohnungsbau in ein Mehrfamilienhaus umgestaltet, und auf dem Grundstück wurden mehrere Einfamilienhäuser errichtet, so dass insgesamt 34 Wohneinheiten entstanden sind.


Annelen Hölzner-Bautsch

Berlin-Lankwitz, den 19. März 2009

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